Nachhaltig fliegen – mit Altspeiseöl?

Kann man wirklich mit Altspeiseöl „nachhaltig“ fliegen, wie es eine Werbeeinschaltung der OMV suggeriert? Nachhaltige Flugtreibstoffe gelten schließlich als Hoffnungsträger der Luftfahrt: Wir betreiben das Geschäftsmodell weiter wie bisher, und die Branche soll in Zeiten der Klimakrise Prognosen zufolge weiterwachsen. Klimaneutralität soll erreicht werden mit besserer Routenplanung, effizienteren Maschinen und eben so genannten „nachhaltigen“ Flugreibstoffen – kurz SAF (Sustainable Aviation Fuels).

Mit Nachhaltigkeit haben SAF allerdings relativ wenig zu tun: Dahinter stehen Biotreibstoffe und synthetische Treibstoffe, also #E-Fuels. Biotreibstoffe verbrauchen Land, Pestizide und Wasser, und stehen in Konkurrenz zu Lebensmittelproduktion. Synthetische Treibstoffe aus erneuerbaren Energien sind wohl langfristig die Lösung – aber ineffizient, teuer und in absehbarer Zeit nicht in ausreichenden Mengen herstellbar.

Wie also den Technologieoptimismus erhalten? Mit Blendgranaten, wie z.B.: „Wir verarbeiten regionales Altspeiseöl zu Flugtreibstoff.“ Das ist technisch tatsächlich möglich, 1,5 Liter Altspeiseöl ergeben ca. einen Liter Treibstoffzusatz. Wir reden hier aber nur vom Beimischen kleinerer Mengen. Als Gedankenexperiment haben wir trotzdem nachgerechnet, wieviel Altspeiseöl man eigentlich brauchen würde für einen hypothetischen Altspeiseöl-Transatlantikflug – beziehungsweise:

Wie viele Schnitzel müssten wir eigentlich vorher panieren, um genug Öl zu haben?

Das haben wir uns schon länger gefragt.

Sophie, Jana und Marc waren in Grazer Schnitzelbuden, haben sich den Treibstoffbedarf eines durchschnittlichen Linienflugs angesehen, den Umrechnungsfaktor von UCO (Used Cooking Oil) zu SAF, etc., und für die Strecke Wien – New York und retour gerechnet.

Ergebnis: Es geht sich aus. Wenn vorher alle 330 Passagier*innen ca. 3.100 panierte Schnitzel essen. Also 8 Jahre lang, jeden Tag Schnitzel. Dann ein Mal nach New York.

Insgesamt sind das für dann über eine Million Schnitzel. Würde man die alle aufeinanderstapeln, dann haben wir – bei einer angenommenen Schnitzeldicke von 8 Millimetern – einen Stapel, der so hoch wie der Mount Everest ist.

Annechien Hoeben hat das anschaulich illustriert.

Hier die Zahlen und Annahmen für die Berechnungen:

  • Für die Produktion von einem Kilogramm SAF benötigt man in etwa 1,49 Liter Altspeiseöl (Dichte ca. 0,9 kg/l) – siehe Publikation von Capaz et al. (2021), https://doi.org/10.1002/bbb.2168.
  • Ein Flug Wien – New York – Wien benötigt man über 102 Tonnen Kerosin – mit dem Umrechnungsfaktor 1,49 also über 152 Tonnen Altspeiseöl (entspricht über 165.000 Litern).
  • Pro frittiertem Schnitzel werden laut den befragten Grazer Restaurants in etwa 0,2 Liter an Speiseöl verbraucht; 21% des eingesetzten Öls gehen „verloren“ gehen (z.B. durch Absorption); pro paniertem Schnitzel bleiben im Schnitt 0,16 Liter Altspeiseöl übrig. Für 165.000 Liter müssen also über eine Million Schnitzel paniert werden.

Diese Berechnungen sind freilich nur überschlagsmäßig und wie gesagt als Gedankenexperiment zu verstehen, um die Größenordnungen in ein etwas klareres Licht zu rücken – und um zu illustrieren, dass der Traum vom „nachhaltigen“ Fliegen lediglich ein Marketingtrick ist. Klimaneutralität in der Luftfahrtbranche ist in den nächsten Jahrzehnten nicht ohne massive Reduktion von Flugreisen zu erreichen.

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